Alle Bilder stammen vom Fotografen Christian Senti
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Zu Restart
Theaterstück von Lea Gottheil
Regie: Lubosch Held
Spiel: Ivana Martinovic & Lea Gottheil
uraufgeführt im Keller 62, Zürich, Dezember 2016/Februar 2017
Komatöses Geplauder der «Schicksalsschwestern»
Manchmal ist es neurotisch heiter wie bei Woody Allen, manchmal beklemmend wie ein Psychothriller – das Stück «Restart» im Keller 62 zeigt zwei Mütter im Off-Zustand.
Was für eine herrlich falsche Fährte! Im Düsterlicht eilen sie auf die Bühne, die beiden Frauen, und obwohl es nicht zu übersehen ist, dass sie das Backfischalter seit vielen Saisons hinter sich haben, reden sie nun drauflos wie lüsterne Teenie-Girls: Sie wolle männermässig heute Nacht sofort zur Sache kommen, ohne das übliche Anbandeltheater, sagt die eine, derweil die andere gesteht, dass sie es lieber im Dunkeln treibe und dass ihr letzter Typ am Morgen nochmals wollte, «mit Mundgeruch und allem».
Und während sie so ein bisschen anstössig daherreden, machen sie sich an ihren Kleidern zu schaffen, und mangels Licht sieht man nicht genau, ob sie sich aus- oder «bloss» umziehen, doch erotisch knistern tuts anyway, so ist er halt konditioniert, der Zuschauer unserer Tage. Aber plötzlich gibt das Licht mehr Bühne und Szenerie preis. Jetzt erkennt man die Frauen. Erkennt, dass sie keine sexy Stoffe, sondern Spitalnachthemden tragen. Erkennt, dass sie nicht mit lasziver Pose aufwarten, sondern verkrampft die stützende und schützende Wand suchen, kurz: Ihre Existenz (und damit das ganze Stück) hat sich dramatisch verändert.
Eine Sprache, die alles schafft
Eine Stunde später, am Ende der Aufführung, wird jemand sagen: «Ach, das war wieder mal typisch Lea-gestört!» – und das als grosses Kompliment meinen.
Tatsächlich findet man in «Restart» viele Ingredienzen, mit denen Lea Gottheil, Autorin, Schauspielerin und Co-Dramaturgin des Stücks, im Theaterbereich gern arbeitet: eine aufs spartanische Minimum reduzierte Ausstaffierung, die automatisch dazu führt, dass man als Besucher ultranah an der Rolle ist und bleibt, und eine präzise Sprache, die das Derbe und Grobe ebenso authentisch schafft wie das Fragile und Zarte; die einen in dieser Situation fies lachen und bereits in der nächsten leer schlucken lässt.
Inhaltlich konkret – damit kehren wir zurück zum Geschehen vom Dienstagabend im Keller 62 – bedeutet «Lea-gestört», dass man sich beim starken (und stark vorgetragenen) Dialog der Protagonistinnen bisweilen an das erheiternde neurotische Gerede eines Woody-Allen-Films erinnert fühlt... manchmal, und das ist dann entschieden weniger heiter, führen gewisse Aussagen aber auch zu einem beklemmten Gefühl, wie man es von Psychothrillern her kennt, wenn alle weniger schlimmen Szenarien nicht eingetroffen sind und nun zwangsläufig das passieren muss und wird, von dem man sich – natürlich wider besseres Wissen – so sehr gewünscht hätte, es würde nicht passieren.
Speziell unheimlich (im magisch-absurden Sinn) wirkt das Schauspiel, weil die zwei Frauen, wie man im Laufe der Soiree erfährt, im Koma liegend miteinander frohlocken und zicken, weinen und werweissen – sie sind gefangen im selben Spitalzimmer, teilen ihr Los als «Schicksalsschwestern», wie es einmal treffend heisst.
Man erfährt jedoch im Zuge des Dramas noch so einiges mehr. Zum Beispiel, dass die Frauen Kim (gespielt von Ivana Martinovic) und Phyllis (Lea Gottheil) heissen. Dass beide Mütter sind, Phyllis’ geliebter Bub aber durch einen Lastwagen ums Leben kam, derweil Kim ihrer «Brut» wie auch ihres Gatten im Alltag oft überdrüssig war – weshalb sie, offenbar auch im Dämmerzustand noch brünstig, davon träumt, mit ihrem ganzen Tinder-Harem in die Pfanne zu hüpfen, sobald sie wieder im Diesseits und draussen sein würde, den titelgebenden «Restart» vollzogen hätte.
Eine unerwartete Wendung
Doch dann, kurz vor Schluss dieser textlich wie rhythmisch herausfordernden und packenden Plauder- und Schauderstunde, nimmt die Geschichte eine unerwartete Wendung, bei der die Schicksalschwestern... aber halt, nein, alles wollen wir hier nicht verraten.
Tages-Anzeiger, Februar 2017, Thomas Wyss
Pressestimmen zu Sommervogel
„Es bleibt daher der Gesamteindruck eines Romans, der gerade durch seine leisen Töne, seine unaufgeregte Normalität und seine vielen unterschiedlichen
Perspektiven die gelungene Bestandsaufnahme eines Frauenlebens bietet, das stellvertretend für eine ganze Generation steht.“
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24. September 2009, Sophie Lübbert
„Lotte ist eine Sympathieträgerin, und der Roman hat in seiner ganzen Keuschheit etwas Anrührendes, weil Lotte trotz oder gerade wegen der Hürden, die ihr das
Leben aufbaut, eine grosse Menschlichkeit ausstrahlt.“
Der Bund, 22. Juli 2009, Sandra Leis
„In ihrem Romanerstling „Sommervogel“ schneidet Lea Gottheil klug und gekonnt zwei Zeiten hart gegeneinander.“
NZZ, 21.8.2009, Roman Bucheli
Lübecker Lyrik-Festival im Grass-Haus
„Der Sprachklang der multibegabten Dichterin erinnerte daran, dass Dichten und Singen einmal eines war, appelliert mit suggestivem Singsang an ein kollektives Unbewusstes, das Trost und Unterhaltung findet in der Lust an Liedern.“
Unser Lübeck, Kulturmagazin, 11.Juni 2012, Britta Koth